Im Vogelsbergkreis entwickelte ein Kreisbrandmeister und gleichzeitig interkultureller Berater ein Konzept, um das Thema Feuerwehr in Deutschkurse zu bringen. In enger Kooperation mit der WIR-Koordinatorin, die kreisweit für interkulturelle Öffnung zuständig ist, und der VHS finden regelmäßig Schulungen in fortgeschrittenen Deutschklassen statt. Dabei wird die Funktionsweise der Feuerwehr mit praxisnaher Brandschutzaufklärung verbunden. Hier gibt es Feuerwehr zum Anfassen: Die Migrantinnen und Migranten können die Schutzkleidung anziehen, einen Feuerlöscher in die Hand nehmen und anhand eines Rauchhauses Gefahren bei der Brandentstehung sowie Rauchentwicklung auf ihr eigenes Zuhause übertragen. Sowohl bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern als auch beim interkulturellen Berater sorgt dies jedes Mal für Begeisterung, einige Jugendfeuerwehren bekamen dadurch schon Zuwachs. Das Angebot soll künftig sogar ausgeweitet werden, zudem lässt es sich leicht auf andere Kreise übertragen.
In Reichenbach ist es mit 25 Nationen bei 552 Einwohnern selbstverständlich, eine interkulturelle Feuerwehrtruppe zu haben – auch vor bürokratischen oder sprachlichen Hürden schreckt niemand zurück. Ein entscheidender Aspekt ist dabei sicherlich, dass diese Grundeinstellung stets offen nach außen getragen und von der Wehrführung unterstützt wird. Dies bescherte der Freiwilligen Feuerwehr 2017 sogar den dritten Platz des Integrationspreises Brandschutz. Durch diese Bestätigung ihrer interkulturellen Arbeit und mit neuer Motivation reifte in Marc Schenk eine Idee für das anstehende Sommerfest. Mit Hilfe aller Kameradinnen und Kameraden entstand ein Entwurf für T-Shirts, auf denen „Feuerwehr“ in mehreren in Reichenbach vertretenen Sprachen steht. Die Grundfarbe der T-Shirts sollte bewusst nicht das für Feuerwehr typische marineblau sein, sondern unterschiedlich. Mittlerweile wurde mehrfach nachbestellt, insgesamt sind etwa 100 Stück im Umlauf, die von Mitgliedern und Freunden der Feuerwehr bei Festen, an der HLFS und auch in der Freizeit getragen werden. Für die Feuerwehr Reichenbach haben sie klar zu mehr Präsenz im Ort beigetragen und oft entstehen durch die T-Shirts Gespräche über die Aufgaben und andere Aktivitäten der Feuerwehr.
Für Marc Schenk hatten die Aktion übrigens eine ganz spezielle Auswirkung: Da er einen Niederländer mit dem Ausscheiden seiner Nationalmannschaft aus der WM-Qualifikation 2018 aufzog, muss er seitdem das orange T-Shirt tragen.
In Alheim entstand 2016 ein Projekt, bei dem unterschiedliche Stellen ineinandergriffen: Gemeinsam mit der Gemeinde und der Flüchtlingshilfe starteten zwei Ortsteil-Feuerwehren eine Initiative, um Geflüchtete im Rahmen einer Patenschaft zu unterstützen und für die Feuerwehrarbeit zu begeistern. Aufgrund dieser Kooperation war es möglich, den neuen Mitbürgern bei alltäglichen Herausforderungen Hilfestellung zu geben und sie gleichzeitig in der Feuerwehr aufzunehmen. Durch diese Synergieeffekte gelang die Integration in jeglicher Hinsicht und das Engagement der neuen Kameraden wird durchweg positiv gesehen. Auch innerhalb der Bevölkerung Alheims entstand über Gespräche und Austausch ein besseres Verständnis für andere Kulturen und die Situation geflüchteter Menschen.
Die Freiwillige Feuerwehr Bad Hersfeld belegte 2018 den dritten Platz des Integrationspreises Brandschutz. Über einen türkischstämmigen Feuerwehrangehörigen, der auch interkultureller Berater ist, entstand eine Kooperation mit der dortigen türkischen Gemeinde. Die Gemeinde und die Feuerwehr unterstützen sich seit einiger Zeit bei Veranstaltungen und nutzen daraus entstehende Synergien. Gleichzeitig bietet die Zusammenarbeit die Möglichkeit, die Mitglieder des zur Gemeinde gehörenden Kulturvereins über das System Feuerwehr aufzuklären. Im Austausch fand für die Feuerwehrmitglieder eine Führung durch die Moschee statt. So werden Hemmschwellen abgebaut und das Zusammenleben vor Ort gestärkt.
Die Freiwillige Feuerwehr Rüsselsheim hat das Thema Integration komplett neugestartet und dabei auf zwei Ebenen agiert: Zwei interkulturelle Berater der Feuerwehr haben erkannt, dass eine Sensibilisierung nach innen den Grundstein für aktive interkulturelle Arbeit legt. Hier haben sie angesetzt und in einem ersten Schritt einen Infoabend über das Thema interkulturelle Kompetenz für die eigene Wehr organisiert. Zum anderen nahmen sie 2018 an mehreren örtlichen Kulturfesten teil, um erste Kontakte mit Kulturvereinen zu knüpfen. Gleichzeitig zeigen sie dadurch Außenstehenden, dass die Feuerwehr für andere Kulturen offen ist. Für die Zukunft ist auch eine konkrete Zusammenarbeit mit Kulturvereinen vorstellbar.
Der erste Platz des Integrationspreises Brandschutz 2018 ging an die Freiwillige Feuerwehr Bad Nauheim für ihre jahrelange interkulturelle Arbeit. Schon seit 30 Jahren hat die Feuerwehr ein türkischstämmiges Mitglied – erst in der Jugendfeuerwehr, dann in der Einsatzabteilung. Mittlerweile ist dies nicht mehr ganz so ungewöhnlich wie damals und in einer langjährigen Kooperation mit dem dortigen Ausländerbeirat sowie dem Internationalen Club Bad Nauheim fördert die Feuerwehr den gemeinsamen Austausch. Jedes Jahr nimmt sie am „Internationalen Fest“ in Bad Nauheim teil und schafft selbst weitere Begegnungsmöglichkeiten. Zusätzlich konnten durch Brandschutzaufklärung an Schulen und Kitas bereits mehrere Kinder mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen für die Feuerwehr begeistert werden. Solch eine kontinuierliche Zusammenarbeit dient als feste Grundlage des gegenseitigen Verständnisses und sorgt für eine nachhaltige Arbeit.
Auch in Bad Arolsen hat sich die langjährige Zusammenarbeit mit dem Ausländerbeirat bewährt. Nach der Integration einzelner Migranten nahm die Feuerwehr vor einigen Jahren an einem Hochschulprojekt teil, in dessen Rahmen unter Einbezug des Ausländerbeirats vor Ort in der Mitgliederwerbung gezielt unterrepräsentierte Zielgruppen angesprochen werden sollten. So fanden gemeinsame Veranstaltungen statt und enger Austausch trug auf beiden Seiten zum Abbau von Hemmschwellen bei. Seit der Beirat sich aufgelöst hat, hat die Feuerwehr sich mit ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern vernetzt, um die Verbindung zur Zielgruppe halten zu können. Inzwischen engagiert sich u.a. ein neuer Kamerad in der Freiwilligen Feuerwehr, der in früher in Syrien als Berufsfeuerwehrmann gearbeitet hat. Dies ermöglicht nicht nur einen kulturellen, sondern auch einen fachlichen Austausch in der Mannschaft.