Urteil: Amtshaftung, Einsatzleiter, Brandwache
Oberlandesgericht Hamm, I-11 U 150/10 vom 08.02.2012
Die Kläger nehmen die Beklagte aus einer behaupteten Amtspflichtverletzung im Rahmen eines Löscheinsatzes der Feuerwehr M auf der von den Klägern und ihrer Familie bewohnten Hofstelle in M, B-Straße, in Anspruch, die ihnen u.a. gemäß § 54 FlurbG gegen die Verpflichtung zur Zahlung eines Geldausgleichs von in Höhe 550.000,00 € zugewiesen worden ist. Die Kläger, die bisher auf den Geldausgleichsbetrag 250.000,00 € gezahlt haben und zur ratenweisen Zahlung des Restbetrages verpflichtet sind, sind noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen und begehren die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihnen den Schaden zu ersetzen, der ihnen aus dem Einsatz der Feuerwehr vom 16./17.01.2006 aufgrund der Tatsache entstanden sei, dass die verantwortlichen Mitarbeiter der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten, bei der auch hauptamtliche Feuerwehrleute beschäftigt sind, nach dem ersten Einsatz zur Bekämpfung eines am späten Abend des 16.01.2006 stattgehabten Brandes keine Brandwache aufgestellt haben und sich zeitlich nachfolgend am frühen Morgen des 17.01.2006 gegen 4.40 Uhr ein zweiter Brand auf der von den Klägern und ihrer Familie bewohnten Hofstelle entwickelt habe, durch den das Wohngebäude vollständig ausgebrannt sei.
Das Landgericht hat nach uneidlicher Vernehmung der Zeugen B, H, N, D2, D, G, H (vormals: X) und T2 (vormals: L) und des sachverständigen Zeugen T, der in dem u.a. gegen den Einsatzleiter B geführten und letztlich gegen Zahlung einer Geldauflage von 1.000,- € gemäß § 153 a StPO eingestellten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Dortmund (Az.: 190 Js 42/06) als Brandsachverständiger unter dem 03.03.2006 ein schriftliches Gutachten erstattet hat, die Klage in vollem Umfang abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB, Art. 34 GG sei mangels schuldhafter Amtspflichtverletzung ausgeschlossen, da die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt sei, dass die Entscheidung des Einsatzleiters B, nach Durchführung umfangreicher Lösch- und Nachlöscharbeiten, die etwa eine Stunden gedauert hätten, keine Brandwache am Brandort zu belassen, nicht zu beanstanden sei. Auch der Sachverständige sei davon ausgegangen, dass durch die durchgeführten Nachlöscharbeiten ein Wiederaufflammen weitgehend habe ausgeschlossen werden können und dass bei einem normalen Wohnungsbrand - um den es sich letztlich gehandelt habe - nicht stets eine Brandwache eingesetzt werden müsse, zumal eine 100 %-tige Sicherheit nur beim vollständigen Einreißen des in Brand geratenen und abgelöschten Gebäudes erreicht werden könne.
Mangels Verschuldens scheide auch ein Anspruch aus §§ 677, 280 Abs. 1 BGB aus.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Erwägungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Feststellungsantrag in vollem Umfang weiterverfolgen.
Sie meinen, das Landgericht habe sich zu Unrecht lediglich mit dem Einsatz einer Wärmebildkamera auseinandergesetzt, obwohl es auch darauf ankomme, dass die Feuerwehr der Beklagten die Gesamtverantwortung für das Objekt übernommen habe, da die Kläger nach dem ersten Brand in Zimmern der nahegelegenen Jugendherberge "eingesperrt" und der gesamte Tierbestand auf dem Hof der Kläger unbeaufsichtigt zurückgelassen worden sei.
Zudem habe das Landgericht sich nicht mit zum Inhalt der Ermittlungsakte zu 190 Js 42/06 Staatsanwaltschaft Dortmund bestehenden Widersprüchen und Ungereimtheiten beschäftigt und bei seiner Würdigung nicht hinreichend berücksichtigt, dass ausweislich des in der Ermittlungsakte befindlichen Tatortfundberichtes vom 17.01.2006 (dort S. 16) nach Ende der Löscharbeiten lediglich eine kurze Brandschau durchgeführt und von einer weiteren Untersuchung der Brandstelle aufgrund der Dunkelheit und der Ausgasung abgesehen worden sei. Vom Einsatz einer Wärmebildkamera sei demgegenüber nicht die Rede. Zudem habe die Staatsanwaltschaft Dortmund in dem abschließenden Ermittlungsvermerk festgehalten, dass der zweite Brand nur durch eine Brandwache der Feuerwehr vor Ort habe verhindert werden können; das Abstellen einer Brandwache sei zwingend erforderlich gewesen und habe auch durch den Einsatz einer Wärmebildkamera nicht ersetzt werden können. Die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass die Entscheidung des Einsatzleiters, keine Brandwache einzusetzen, nicht zu beanstanden sei, sei "völlig unverständlich", insbesondere habe die Kammer die Aussagen des Sachverständigen T im Kammertermin am 08.01.2011 nicht zutreffend gewürdigt. Der Sachverständige habe ausgeführt, der zweite Brandeinsatz habe nur wirksam durch eine Brandwache der Feuerwehr vor Ort verhindert werden können, wobei deren zwingende Notwendigkeit durch die alte Gebäudesubstanz in Verbindung mit der bautechnisch bekannten Möglichkeit gekapselter Glutnester gegeben gewesen sei und durch den Einsatz einer Wärmebildkamera nicht habe ersetzt werden können. Soweit in dem angefochtenen Urteil ausgeführt sei, der Einsatzleiter B habe sich nach Durchführung umfassender Kontrollen davon überzeugt, dass keine Glutnester verblieben seien, ergebe sich aus den Zitaten des Tatortfundberichtes, dass der Einsatzleiter den Brandherd nur oberflächlich besichtigt habe; es sei nicht richtig, dass nach dem ersten Brand alle Räume einzeln abgegangen worden seien. Zudem bestehe der Verdacht, dass im Kammertermin am 08.01.2006 eine andere als die tatsächlich eingesetzte Wärmebildkamera vorgezeigt worden sei.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern den Schaden zu ersetzen, der ihnen aus dem Einsatz der Feuerwehr vom 16./17.01.2006 aufgrund der Tatsache entstanden ist, dass die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten nach dem ersten Einsatz keine Brandwache aufgestellt haben und daraus ein zweiter Brand auf der Hofstelle der Kläger in M, B-Straße, entstanden ist;
und hilfsweise
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat die Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen T. Wegen des Ergebnisses der persönlichen Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift sowie den Berichterstattervermerk - jeweils vom 18.01.2012 - Bezug genommen. Ferner lagen die Akten der Staatsanwaltschaft Dortmund zu 190 Js 42/06 nebst Gutachtensonderband vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), es sind auch keine neuen Tatsachen vorgetragen worden, die nach §§ 513 Abs. 1, 529 Abs. 1 Nr. 2, 530, 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen wären und eine abweichende Entscheidung rechtfertigen würden. Soweit sich angesichts der Ausführungen des Sachverständigen T in seinem schriftlichen Gutachten vom 03.03.2006 konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der vom Landgericht festgestellten Tatsachen ergaben (§§ 513 Abs. 1, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), sind diese nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme ausgeräumt.
Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Zwar ist die auf Feststellung gerichtete Klage zulässig, insbesondere ist das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse zu bejahen, da die Schadensentwicklung zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Dezember 2007 noch nicht vollständig abgeschlossen war (vgl. dazu: Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl., § 256 Rn. 7 a mit Verweis auf BGH, NJW 1984, 1552, 1554 und VersR 1991, 78cool . Denn zu diesem Zeitpunkt stand - unabhängig von etwaigen Schäden an der nicht im Eigentum der Kläger stehenden Hofstelle - jedenfalls der Umfang der durch den zweiten Brand verursachten Schäden an im Eigentum der Kläger stehenden Gegenständen (z.B. Hausrat und Kleidung) noch nicht fest.
Die Feststellungsklage ist aber nicht begründet.
Die Klage ist allerdings nicht mangels Aktivlegitimation der Kläger unbegründet (vgl. dazu: Zöller-Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., Vor § 50 Rn. 1cool . Denn unabhängig davon, dass sie noch nicht als Eigentümer der Hofstelle nebst den dazugehörenden Grundstücken im Grundbuch eingetragen sind, kommen - wie bereits ausgeführt - jedenfalls (auch) Schäden an im Eigentum der Kläger stehenden Gegenständen (Hausrat und Kleidung) in Betracht.
Indes steht den Klägern unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte dem Grunde nach zu.
Ein Anspruch der Kläger ergibt sich nicht aus § 39 Abs. 1 lit. b) OBG NW. Denn die nach §§ 1 Abs. 1, 9 Abs. 1 FSHG NW von der Beklagten zu unterhaltende Feuerwehr erfüllt zwar die Aufgaben der Gefahrenabwehr und war auch vorliegend in diesem Rahmen (Brandbekämpfung) tätig, allerdings handelt es sich bei der Feuerwehr in Nordrhein-Westfalen wegen ihrer lediglich begrenzten Eingriffsrechte (vgl. §§ 30, 33 FSHG NW) nicht um eine (Sonder-)Ordnungsbehörde (Senat, Urteile vom 15.06.1988 zu 11 U 295/87, veröffentlicht in: NWVBl. 1989, 183 f., zitiert nach juris Rn. 12 m.w.N., und vom 28.05.2010 zu I-11 U 304/09, zitiert nach juris Rn. 17; Bergmann/Schumacher, Die Kommunalhaftung, 4. Aufl., Rn. 1684 m.w.N.), so dass § 39 Abs. 1 lit. b) OBG NW bereits aus diesem Grund keine Anwendung findet.
Gleichfalls scheidet ein Entschädigungsanspruch nach § 36 FSHG NW aus. Denn für den Eigentümer oder Besitzer der von einem Schadenfeuer betroffenen Gebäude oder Grundstücke gilt § 36 Abs. 1 FSHG NW nicht (Schneider, FSHG NW, 8. Aufl., § 36 Rn. 1.3 m.w.N.).
Auch ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG ist nicht gegeben, wie auch das Landgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat.
Soweit die Kläger erstmals in der Berufungsbegründung eine Amtspflichtverletzung unter Hinweis darauf geltend machen, dass sie nach dem ersten Brandeinsatz der Feuerwehr der Beklagten "in einer nahegelegenen Jugendherberge eingesperrt die Nacht" hätten verbringen müssen, ist nach dem Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakte bereits zweifelhaft, ob die Unterbringung der Kläger in der Jungendherberge tatsächlich durch Mitglieder der Feuerwehr der Beklagten - und nicht durch die Polizei bzw. das Ordnungsamt - angeordnet wurde. Dies kann aber im Ergebnis dahinstehen, da es sich insoweit um neuen und damit in der Berufungsinstanz nicht zu berücksichtigenden Vortrag handelt, §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 3, 530 ZPO.
Den insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägern (vgl. zur Beweislast des Geschädigten: Palandt-Sprau, BGB, 71. Aufl., § 839 Rn. 84) ist der Beweis einer objektiven Amtspflichtverletzung in Form der Entscheidung des als Beamter im haftungsrechtlichen Sinne anzusehenden Einsatzleiters B, nach Abschluss der Nachlöscharbeiten wegen des ersten Brandes keine Brandwache auf der im Besitz der Kläger befindlichen Hofstelle aufzustellen, nicht gelungen.
Wie auch das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gehört zu den der Feuerwehr bei der Brandbekämpfung obliegenden Pflichten, den Brandherd zweifelsfrei zu löschen und "gegebenenfalls" Brandwachen aufzustellen (so wörtlich: BGH, VersR 1983, 462, 463; ohne die Einbeziehung der Brandwache auch: OLG Oldenburg, Urteil vom 18.11.2005 zu 6 U 231/04, zitiert nach juris Rn.9). Welche Maßnahmen die Feuerwehr zur Gefahrenabwehr im Rahmen der Bekämpfung von Schadenfeuern ergreift, liegt in ihrem bzw. dem Ermessen des Einsatzleiters, bei dessen Ausübung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Das bedeutet, dass die Feuerwehr, der insoweit kein Ermessen bezüglich des "ob" ihres Tätigwerdens obliegt (Schneider, FSHG NW, 8. Aufl., § 1 Rn. 7.3), im Rahmen ihres Auswahlermessens entscheidet, "wie" sie tätig werden will, wobei ihr ein gewisser Beurteilungsspielraum zugebilligt werden muss. Welche Maßnahmen nach Art und Umfang erforderlich sind, ist eine vom Gericht in vollem Umfang zu überprüfende Rechtsfrage, wobei allerdings auf die ex ante-Sicht im Sinne des Sach- und Kenntnisstandes zum Zeitpunkt des behördlichen Handelns abzustellen ist (Schneider, FSHG NW, 8. Aufl., § 1 Rn. 7.4 m.w.N.), wenn auch mit der Maßgabe, dass angesichts der von der Feuerwehr zu bekämpfenden Gefahren im Zweifel grundsätzlich eher ein Mehr als ein Weniger an Personal und an Hilfsmitteln zur Verfügung zu stellen ist (Schneider, FSHG NW, 8. Aufl., § 1 Rn. 7.4. m.w.N.).
Auch die Gestellung einer Brandwache mit allen Einzelheiten (z.B. Dauer, Personenanzahl, Ausrüstung und Anordnung, wer für deren ordnungsgemäße Beendigung zuständig ist) unterfällt danach dem pflichtgemäßen Ermessen des Einsatzleiters (Schneider, FSGH NW, 8. Aufl., § 1 Rn. 7.6).
Dass der Einsatzleiter B durch seine Entscheidung, keine Brandwache aufzustellen, objektiv eine Pflichtverletzung in Form eines Ermessensfehl- oder -nichtge-brauchs begangen hat, kann der Senat nach dem Ergebnis der ergänzenden Beweisaufnahme nicht feststellen.
Zwar hat der Brandsachverständige T in seinem im Rahmen des von der Staatsanwaltschaft Dortmund geführten Ermittlungsverfahrens zu 190 Js 42/06 erstatteten Gutachten, welches in hiesigem Verfahren gemäß § 411 a ZPO verwertbar ist, ausdrücklich ausgeführt, dass der zweite, nach seiner Einschätzung durch ein beim ersten Löscheinsatz nicht erfasstes Glutnest verursachte Brandeinsatz "nur wirksam durch eine Brandwache der Feuerwehr vor Ort zu verhindern gewesen" wäre und dass " die zwingende Notwendigkeit einer Brandwache (…) durch die alte Gebäudesubstanz mit der bautechnisch bekannten Möglichkeit von gekapselten Glutnestern gegeben" gewesen sei (S. 22 f., 26 des Gutachtens). Dessen ungeachtet ist das Landgericht zu der Einschätzung gelangt, dass die Entscheidung des Einsatzleiters, keine Brandwache aufzustellen, nicht zu beanstanden sei. Es ist dabei den Ausführungen des Sachverständigen im Kammertermin am 08.10.2010 gefolgt, wonach ein vollständiges und sicheres Löschen lediglich durch ein nahezu vollständiges Einreißen des in Brand geratenen Gebäudes möglich sei, was indes vollkommen überzogen sei. Die Entscheidung über das Aufstellen einer Brandwache obliege allein dem Einsatzleiter unter Berücksichtigung des Interessenausgleichs zwischen Aufwand und Erfolg, und zwar nach dem Grad der Sicherheit, den er vom vollständigen Löschen des Brandes gewonnen habe, wobei es eine 100 %-tige Sicherheit nicht gebe.
Die vorgenannten Darlegungen des Sachverständigen bei seiner Anhörung vor dem Landgericht weichen damit allerdings deutlich von Kernaussagen seines schriftlichen Gutachtens ab, weshalb der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Veranlassung gesehen hat, den Sachverständigen um ergänzende mündliche Gutachtenerläuterung zu ersuchen. Nach deren Ergebnis und aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen im Senatstermin am 18.01.2012 sind indes die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der landgerichtlichen Feststellungen zur Überzeugung des Senats ausgeräumt.
So hat der senatsbekannt routinierte und erfahrene Brandsachverständige T vor dem Senat auf konkrete Nachfrage zunächst ausdrücklich bestätigt, dass die nach Abschluss der Nachlöscharbeiten zu treffende Entscheidung, eine Brandwache aufzustellen oder nicht, allein im Ermessen des vor Ort tätigen Einsatzleiters liege. Einschlägige Vorschriften, Richtlinien oder DIN-Normen gebe es insoweit nicht. Auch abzuprüfende tabellarische Aufstellungen für oder gegen das Aufstellen einer Brandwache, z.B. nach Gebäudealter oder Einbrenntiefe, existierten nicht. Diese Entscheidung obliege allein dem Einsatzleiter vor Ort, dem der Umfang des vorangegangenen Brandereignisses und sämtliche damit in Zusammenhang stehende Umstände bekannt seien.
Auf ausdrückliche Nachfrage, ob er selbst anstelle des Einsatzleiters eine Brandwache aufgestellt hätte, hat der Sachverständige im Rahmen seiner mündlichen Gutachtenerläuterung vor dem Senat am 18.01.2012 weiter erklärt, dies könne er nicht beantworten, da ihm das Ausmaß des ersten stattgehabten Brandes nicht bekannt sei. Auch unter Berücksichtigung des aus dem Jahr 1903 stammenden in Brand geratenen Gebäudes und des Vorhandenseins brennbarer Zwischendecken- und –bödenkonstruktionen könne er diese Frage nicht beantworten. Selbst wenn - entsprechend einem dem Sachverständigen gemachten Vorhalt aufgrund der Aussage des vor dem Landgericht vernommenen Zeugen D - davon auszugehen sei, dass im Rahmen der Nachlöscharbeiten nach dem ersten Brand durch die eingesetzten Feuerwehrleute festgestellt wurde, dass ein Deckenbalken geglüht habe, ergebe sich daraus nicht zwingend die Notwendigkeit, eine Brandwache aufzustellen. Vielmehr sei dies kein besonderes Phänomen. Solche Glutnester gebe es immer wieder, wenn sie abgelöscht würden, sei es damit "gut".
Seine Ausführungen in seinem schriftlichen Gutachten vom 03.03.2006 zur "zwingenden Notwendigkeit" einer Brandwache wegen der bautechnisch gegebenen Möglichkeit von gekapselten Glutnestern in der alten Gebäudesubstanz (Bl. 22 f., 26 des Gutachtens) hat der Sachverständige dagegen auf weiteren Vorhalt ausdrücklich relativiert und erklärt, diese Formulierungen seien in dem Sinne zu verstehen, dass die genannten Faktoren (Gebäudesubstanz von 1903, Holzbalkendecken mit unterschiedlichen Deckenanschlüssen, Wandkonstruktionen mit brennbaren Bestandteilen) eine erhöhte Aufmerksamkeit in Bezug auf Glutnester nach sich zögen. Für sich allein ergebe sich aus sachverständiger Sicht daraus aber nicht zwingend die Notwendigkeit der Gestellung einer Brandwache. Zu berücksichtigen sei vorliegend vielmehr auch, dass das erste Brandereignis letztlich ein lediglich punktuell auftretender Zimmerbrand gewesen sei, der einen recht kurzen aktiven Löscheinsatz nach sich gezogen habe. Auch die ihm teils noch erinnerlichen, teils seitens des Senats vorgehaltenen Nachlöscharbeiten seien bei der Entscheidung im Rahmen einer Gesamtschau zu berücksichtigen. Letztlich seien die vorgenannten Formulierungen in dem schriftlichen Gutachten auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass er zum Ausdruck habe bringen wollen, dass allein der Einsatz einer Wärmebildkamera das Aufstellen einer Brandwache nicht ersetzte, da sie lediglich als Hilfsmittel einzustufen sei.
Da es danach bereits am Nachweis einer objektiven Pflichtverletzung des Einsatzleitzers B in Form eines Ermessensfehl- oder Ermessensnichtgebrauchs durch die Entscheidung, keine Brandwache aufzustellen, fehlt, so dass ein Amtshaftungsanspruch bereits aus diesem Grunde scheitert, kommt es auf die Frage, ob - im Rahmen des Verschuldens im Sinne der subjektiven Vorwerfbarkeit - trotz des Einsatzes des hauptamtlich als Feuerwehrmann tätigen Einsatzleiters B der eingeschränkte Haftungsmaßstab des § 680 BGB entsprechende Anwendung findet, im Streitfall nicht an, weshalb der Senat diese Frage ausdrücklich offenlässt.
Auch ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagte aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 280, 278 BGB) scheidet aus, da es aus den dargelegten Gründen an einer Pflichtverletzung fehlt.
Gleichfalls ist ein Anspruch der Kläger aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff nicht ersichtlich (Art. 14 GG). Soweit Schäden an der Hofstelle in Betracht kommen, scheidet ein Anspruch bereits mangels Eigentums der Kläger aus. Dass die Hofstelle auch der Erwirtschaftung des Familienunterhalts diente (Schafzucht), ändert nichts, da eine Ausdehnung auf den nach Art. 12 GG gewährleisteten Erwerbsschutz vom Bundesgerichtshof abgelehnt wird (BGH, NJW 1994, 1468 ff; Bergmann/Schumacher, Die Kommunalhaftung, 4. Aufl., Rn. 1493). Soweit Schäden an im Eigentum der Kläger stehenden Gegenständen (Hausrat, Kleidung) in Betracht kommen, ist zu beachten, dass zwar grundsätzlich auch ein Unterlassen einen "Eingriff" in den durch Art. 14 GG geschützten Schutzbereich des Eigentums darstellen kann. Dies setzt allerdings voraus, dass sich das Unterlassen ausnahmsweise als ein in den Rechtskreis des Betroffenen eingreifendes Handeln darstellt (sog. qualifiziertes Unterlassen) (Bergmann/Schumacher, Die Kommunalhaftung, 2. Aufl., Rn. 1377 m.w.N.), was vorliegend indes mangels Feststellung einer bestehenden Pflicht zum Aufstellen einer Brandwache - wie dargelegt - nicht gegeben ist.
Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die entsprechenden Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.