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Urteil: Feuerwehreinsatz; Krankentransport; Leistungserbringer; Rettungsdienst; Unterstützung; Hilfeleistung

Verwaltungsgerichtshof Kassel vom 28.01.2004, Az. 5 UZ 1021/03

Kostenerstattung bei Unterstützung eines Krankentransportes durch die Feuerwehr

Leit- oder Orientierungssatz

Leistungserbringer - wie hier der Arbeiter-Samariter-Bund -, die sich in Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben des Rettungsdienstes zur Beförderung von Notfallpatienten bzw. zum Krankentransport der Unterstützung der Feuerwehr bedienen, können im Verhältnis zum Träger der Feuerwehr nicht ihrerseits als kostenpflichtige "Interessenten" einer zu erbringenden Leistung im Sinne des § 61 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Hessisches Brand- und KatastrophenschutzG (HBKG) angesehen werden.

Gründe

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor des vorliegenden Beschlusses näher bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - statthaft, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
Den Darlegungen in der Antragsbegründung der Beklagten vom 10. April 2003 kann nicht entnommen werden, dass die Voraussetzungen des zunächst von ihr geltend gemachten Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gegeben sind.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Sinne des vorgenannten Zulassungsgrundes sind dann gegeben, wenn der die Zulassung des Rechtsmittels unter Hinweis auf diesen Zulassungstatbestand begehrende Beteiligte einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163).

Die Beklagte zieht in ihrer Antragsbegründung die Einschätzung des Verwaltungsgerichts in Zweifel, der Kläger sei nicht kostenpflichtig im Sinne des § 61 Abs. 3 Nr. 3 des Hessischen Gesetzes über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz - HBKG - und damit auch nicht gebührenpflichtig im Sinne des § 2 Ziff. 2c der Satzung über die Gebühren für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr E-Stadt, da die Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr nicht in seinem Interesse erfolgt seien.
Das Verwaltungsgerichts führt insoweit aus, die Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten hätten nicht primär der Erfüllung des Transportauftrages des Klägers, sondern objektiv zuvorderst dem Interesse der vom Kläger zu transportierenden Personen gedient. Zwar seien die Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten durch den Kläger veranlasst worden, gleichwohl löse dies aber nicht seine Gebührenpflicht aus. Vielmehr sei der Kläger - ebenso wie andere die Feuerwehr alarmierende Personen - nur als Helfender anzusehen. Dies gelte sowohl für den Einsatz der Feuerwehr zur Öffnung der verschlossenen Schranke im Stiftswald als auch für die Hilfe beim Abtransportieren erkrankter Personen mittels Vakuummatratzen.

Dem hält die Beklagte entgegen, bei objektiver Betrachtung habe der Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr sowohl dem Interesse verletzter bzw. erkrankter Personen als auch dem Interesse des Klägers gedient. Die von ihm angenommenen Transportaufträge und damit die Versorgungsverträge nach § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB V habe der Kläger nur mit den Vorleistungen der Freiwilligen Feuerwehr erfüllen können. Diese Vorleistungen seien nicht nur im medizinischen, sondern auch im wirtschaftlichen Interesse des Klägers erfolgt.

Diese Darlegungen in der Antragsschrift begründen keine die Zulassung der Berufung rechtfertigenden ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.

§ 61 Abs. 3 Hessisches Gesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (HBKG) vom 17. Dezember 1998 (GVBl. I S. 530) räumt dem Kostengläubiger - in der Regel die Gemeinde als Trägerin der öffentlichen Feuerwehr - ein Wahlrecht ein, sich die Kosten für die nicht von § 61 Abs. 1 HBKG erfassten "übrigen Leistungen", insbesondere in Fällen der Allgemeinen Hilfe, nach allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen oder nach örtlichen Gebührenordnungen erstatten zu lassen. Die Befugnis zum Erlass einer Gebührenordnung dient dabei der Konkretisierung der in den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen begründeten Kostenersatzansprüche. Sie darf nicht als Verweisung auf die Möglichkeit missverstanden werden, unter den in § 10 KAG genannten Voraussetzungen Benutzungsgebühren zu erheben (vgl. Senatsbeschluss vom 6. April 1993 - 5 UE 724/91 -, DÖV 1994, 172 [173]).
Die Beklagte hat von der Ermächtigung zur Schaffung einer Gebührenordnung Gebrauch gemacht und in zutreffender Konkretisierung der aus allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen abzuleitenden Kostenerstattungsansprüche unter anderem die Person einer Gebührenpflicht unterworfen, in deren Interesse die Leistung erbracht wurde (§ 2 Nr. 2c FwGebS).

Im vorliegenden Fall ist der Kläger aber nicht "Interessent" im Sinne des § 2 Nr. 2c FwGebS, sondern selbst Erbringer einer Hilfeleistung bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben im Rahmen des Rettungsdienstgesetzes nach dem Gesetz zur Neuordnung des Rettungsdienstes in Hessen (Hessisches Rettungsdienstgesetz 1998 - HRDG -) vom 24. November 1998 (GVBl. I S. 499). Zu diesen Aufgaben gehören insbesondere die Beförderung von Notfallpatienten und der Krankentransport (§ 2 HRDG). Der Kläger wird auf der Grundlage eines Versorgungsvertrages mit der gesetzlichen Krankenkasse des Transportierten als Leistungserbringer im Sinne des § 133 SGB V tätig, indem er die Verpflichtung der Krankenkasse gegenüber seinem Mitglied - dem Versicherten - nach dem Sachleistungsprinzip erfüllt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. November 1998 - III ZR 223/97 -, NJW 1999, 85cool . Bestehen solche Versorgungsverträge nicht, kommt der Kläger seinem gesetzlichen Rettungsdienstauftrag in Erfüllung eines Beförderungsvertrages (Werkvertrag zwischen ihm und dem zu Transportierenden) oder - ohne vertragliche Beziehung - im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) nach den §§ 677 ff. BGB nach. Bedient sich der Kläger zur Erfüllung seines Rettungsdienstauftrages der Unterstützung Dritter, wie hier der in den Heranziehungsbescheiden näher bezeichneten Leistungen der Freiwilligen Feuerwehr der Beklagten, so versetzt ihn dies zwar in die Lage, seinen übernommenen Krankentransportauftrag zu erfüllen. Er bleibt aber gleichwohl "Leistungserbringer" und wird nicht seinerseits zum "Leistungsempfänger". Dies schließt es aus, ihn als "Interessenten" im Sinne des vorgenannten Gebührentatbestandes ansehen zu können.

Auch der in der Antragsschrift geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht in einer für die Zulassung des Rechtsmittels ausreichenden Weise im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt.

Macht ein die Zulassung der Berufung beantragender Beteiligter die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend, muss er - um dem gesetzlichen Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO Genüge zu tun - zumindest dartun, welche konkrete und in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinaus gehende Rechtsfrage oder welche bestimmte und für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle bedeutsame Frage tatsächlicher Art im Berufungsverfahren geklärt werden soll und inwiefern diese Frage einer (weitergehenden) Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der oben genannten verfahrensrechtlichen Bestimmungen hat ein Streitfall nämlich nur dann, wenn es eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und die über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung einer Klärung bedarf.

In der Antragsschrift der Beklagten vom 10. April 2003 fehlt es bereits an der Formulierung einer hinreichend konkreten Tatsachen- oder Rechtsfrage, die in einem angestrebten Berufungsverfahren einer Klärung zugeführt werden soll. Allein die Begründung, der beschließende Senat habe in seiner Grundsatzentscheidung vom 2. März 1988 (5 UE 897/86, HSGZ 1989, 25 [27]) ausgeführt, dass nicht jeder, der ein Interesse am Einsatz der Feuerwehr haben könne oder durch den Einsatz irgendwie begünstigt werde, ohne weiteres gebührenpflichtig sei, jedoch offen gelassen, wo die Grenzen (jenseits des Störers im polizeirechtlichen Sinne) konkret zu ziehen seien, genügt den Anforderungen an die Formulierung einer hinreichend konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage nicht.
Die Berufung kann auch nicht im Hinblick auf die von der Beklagen auf Blatt 5 der Antragsschrift gerügten Divergenz zugelassen werden (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Insoweit fehlt es bereits an einer hinreichenden Darlegung des behaupteten Zulassungsgrundes, da die Beklagte in ihrer Antragsbegründung keinen Rechtssatz aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zitiert, der in einem unvereinbaren Widerspruch zu den von der Beklagten zitierten Entscheidungen des beschließenden Senats (Beschluss vom 3. April 2002 - 5 UZ 10/02 -, und Urteil vom 6. Dezember 2000 - 5 UE 4389/99 -) steht.

Da die Beklagte mit ihrem Zulassungsantrag erfolglos bleibt, hat sie die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für das Antragsverfahren folgt aus §§ 14 Abs. 1 und 3, 13 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).